Der Kirchberg in Mittweida
Ein Stadtmodell mit Gewölbekellern im Untergrund
Das Stadtmodell „Mittweida“ war ein ungewöhnliches und sehr interessantes Projekt. Anders als bei allen unseren bisherigen Stadtmodellen wurde hier nicht nur die Stadtlandschaft mit Gebäuden, Straßen und Umgebung dargestellt, sondern auch das Geschehen unter der Oberfläche. Unter dem Kirchberg Mittweidas befinden sich seit Jahrhunderten zahlreiche Kellergewölbe, die unter anderem als Lagerräume genutzt wurden. Daher sollte das Bronzemodell teilweise auch von unten betrachtbar gestaltet werden, so dass man dort die Lage und Form des kleinen Labyrinths aus Gängen und Räumen erkennen kann.
Digitale Vorschau der Ober- und Unterseite des Modells
Aber auch oberirdisch gab es einige sehr umfangreich zu gestaltende Gebäude, wie eine Kirche und ein großes Schulgebäude, darüber hinaus ein unebenes Hügelgelände, auf dem all die Gebäude stehen, mit steilen Straßen und Wegen und einem reichen Baumbestand.
Vorschau des digitalen Modells für den Kunden
Wir bekamen von unserem Kunden ein unfertiges Grundmodell mit dem Terrain und der Kirche sowie den Kellerräumen unter der Oberfläche (noch ohne Gewölbedecken). Damit starteten wir das digitale Modellieren. Wir stellten das Gelände fertig, fügten Straßenzüge ein, modellierten Mauern, Begrenzungen, den Schulhof, das Kirchengelände mit Wegen und Treppen und den Verlauf des Baches am Rand der Terrains.
Anschließend wurde die Details des vorhandenen Kirchenmodells optimiert und erweitert (immer in Berücksichtigung der Möglichkeiten und Grenzen des späteren Bronzegusses). Wir modellierten zahlreiche weitere Gebäude, von der kleinen Hütte im Museumsgarten bis hin zu den Gebäudeflügeln des großen Schulbaus, inklusive eines Reliefs an einer Firstfläche, die weit über dem Schulhof trohnt.
Detailansicht des digitalen Modells
Das Modell in Zahlen:
- Insgesamt modellierten wir an allen Gebäuden zusammen über 650 Fenster und Türen, die meisten davon mit Rahmen und Fenstersprossen, da der große Maßstab des Modells diese Detailgenauigkeit im Guss ermöglichte.
- Alle Dächer wurden mit Ziegelstrukturen versehen, die mit knapp 1 mm Ziegelgröße zugleich gussgerecht und hochdetailiert ausgeführt wurden. Insgesamt wurden so ca. 25.000 einzelne Ziegel dargestellt.
- 16 Kellereingänge wurden eingefügt, die sich über das Modell verteilen. Alle Eingänge waren exakt so positioniert, dass sie zum Modell der Kellergwölbe auf der Unterseite des Stadtmodells passten, und dem Betrachter einen perfekten Überblick über die Lage und Zugänglichkeit der Kelleranlagen bietet.
- 27 Bäume in unterschiedlichen Größen haben wir separat vorbereitet, damit die Gießerei sie gesondert gießen und abschließend mit dem Modell verschweißen konnte
- Über 80 Vorschaubilder und mehrere 3D-Vorschauszenen haben wir im Verlauf der Modellerstellung gemacht und dem Kunden geschickt, damit er alles begutachten konnte und Änderungswünsche einbringen konnte, bis das Modell schließlich voll und ganz seinen Wünschen entsprach und für den Druck und den Guss freigegeben wurde.
- Weit über 200 Fotos der verschiedenen Gebäude und zahlreiche Grundrisse und Architektonische Zeichnungen halfen uns bei der Modellierung aller Details
Das fertige Bronzemodell vor Ort
In fortlaufender Abstimmung mit dem Kunden modellierten wir das gesamte digitale Modell bis zur Freigabe. Der große Vorteil des digitalen Modellierens ist dabei, dass es praktisch keine Grenzen gibt. Es ist ohne Probleme möglich, im einen Moment technisch exakt zu modellieren wie ein Architekt oder Ingenieur und im nächsten Moment wie ein Bildhauer Details auf und abzutragen, als arbeite man mit Ton oder Stein. Bei Stadtmodellen kann man diese Techniken sehr gut kombinieren und erhält so ein hochdetailiertes, maßgenaues Ergebnis, das aber auch lebendige organische Formen aufweisen kann, wo sie notwendig sind, wie zum Beispiel beim Terrain, dem Bewuchs oder beim Beispiel des Schulgebäudes des Modells Mittweida das Relief auf der Firstfläche.
3D-Druck des Kirche kurz vor dem Versand zur Gießerei
Nachdem das Modell fertig war, fügten wir eine Legende hinzu und beschrifteten die Straßenzüge und Kellereingänge. Zusätzlich wurde die Beschriftung auch in der Blindenschrift Braille umgesetzt, natürlich nach den offiziellen DIN-Vorgaben, um eine optimale Lesbarkeit zu gewährleisten.
Nachdem das Modell freigegen wurde, stellten wir es mit verschiedenen 3D-Druckverfahren her. Das Terrain wurde in mehrere, vorher mit der Gießerei abgesprochene Teile unterteilt. Die Gebäude wurden ebenfalls herausgetrennt und separat gedruckt. Alle Druckteile wurden in zwei Schichten hergestellt. Für die detailreiche Außenseite nutzten wir das SLA-Verfahren. 2 mm dick wurden so alle Objekte als Hüllen gedruckt. Im FDM-Verfahren stellten wir dann die Innenhülle der Objekte mit 4 mm Dicke her. Dieses Zweischicht-System gewährleistete, dass alle Druckteile von der Gießerei direkt ausgebrannt werden konnten, um die Gussformen zu erhalten. Die Gießerei musste also nicht zuerst alles aufwändig mit Silikon abformen. Dies ersparte eine Menge Zeit und Kosten.
Auch die Kellergewölbe lieferten wir als Einzelteile ab. Zusätzlich hatten wir auf der Unterseite des Modells Markierungen angebracht, damit die Gießerei nach dem Guss genau erkennen konnte, wo die Kellergewölbe abschließend angeschweißt werden mussten.
Dem Steinmetz, der für den Sockel zuständig war, stellten wir 3D-Daten und Zeichnungen des Modells zur Verfügung, damit er den Sockel bereits fertigen konnte, ehe das Bronzemodell vor Ort ankam.